Vier Herausforderungen in der beruflichen Vorsorge
Aktuell gibt es vier Herausforderungen in der beruflichen Vorsorge:
- Menschen in Teilzeit (insbesondere Frauen) und mit tiefen Einkommen sind in der beruflichen Vorsorge benachteiligt.
- Arbeitgeber müssen für ältere Mitarbeitende deutlich höhere BVG-Beiträge zahlen, das macht insbesondere Menschen über 55 weniger attraktiv auf dem Arbeitsmarkt.
- Seit Einführung des BVG im Jahr 1985 ist die Lebenserwartung deutlich gestiegen, gleichzeitig sind die Zinsen seit vielen Jahren niedriger als im System vorgesehen. Beides hat zu Finanzierungsengpässen geführt.
- Eine Reform soll nicht zu einem Rentenabbau führen, sondern das Rentenniveau soll mindestens gleich bleiben.
Ziel des Reformvorschlags ist es, Lösungen für diese vier Herausforderungen zu bieten.
Ziel 1: Menschen in Teilzeit besser absichern
Was soll angepasst werden?
Der Koordinationsabzug (der nicht im BVG versicherte Lohnanteil) soll auf 20 Prozent des AHV-Lohns gesenkt werden und die Eintrittsschwelle für das BVG soll auf CHF 19’845 reduziert werden.
Was wäre die Wirkung?
Mit der neuen Eintrittsschwelle wären 70’000 Arbeitnehmende mit tiefen Einkommen neu und 30’000 besser im BVG versichert und würden entsprechend höhere Altersleistungen erhalten. Der gesenkte Koordinationsabzug würde die Benachteiligung von Teilzeitkräften deutlich abmildern – 58% der Frauen und 19% der Männer arbeiten in Teilzeit. Profitieren würden davon alle, die ein Einkommen unter CHF 73’500 erzielen.
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Ziel 2: Ältere im Arbeitsmarkt attraktiver machen
Was soll angepasst werden?
Aktuell gibt es vier Beitragsstufen – mit dem Alter steigt auch der prozentuale Lohnanteil, der für die berufliche Vorsorge eingezahlt werden muss. Gemäss der BVG-Reform soll es statt vier Beitragsstufen nur noch zwei geben: Zwischen 25 und 44 Jahren sollen 9% und zwischen 45 und 65 Jahren sollen 14% vom BVG-pflichtigen Lohn in die berufliche Vorsorge eingezahlt werden.
Was wäre die Wirkung?
Junge könnten bereits früher mehr Kapital ansparen, müssten aber auch früher höhere Beiträge zahlen, ebenso ihre Arbeitgeber. Insbesondere Erwerbstätige ab 55 würden für die Arbeitgeber weniger teuer und hätten so vermutlich bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt.
Ziel 3: Der steigenden Lebenserwartung gerecht werden
Was soll angepasst werden?
Der gesetzliche Umwandlungssatz soll von 6,8% auf 6,0% reduziert werden. Der Umwandlungssatz gibt vor, mit welchem Prozentsatz das vorhandene Altersguthaben bei Pensionierung in eine jährliche Altersrente umgerechnet wird. Dabei wird die Lebenserwartung ab Pensionierung ebenso berücksichtigt wie der erwartete Zins.
Was wäre die Wirkung?
Die Wirkung wäre, dass die jährliche Rente aus dem Altersguthaben gemäss BVG-Obligatorium geringer ausfällt als zuvor. Für jüngere Generationen würde dieser Effekt jedoch ausgeglichen, weil sie früher höhere Sparbeiträge einzahlen müssten (siehe Ziel 2). Die Übergangsgeneration würde zudem von Rentenzuschüssen profitieren. Vor allem aber würde die momentan regelmässig stattfindende Umverteilung von der erwerbstätigen Generation zu Rentnerinnen und Rentnern reduziert, da die heutigen Versprechen nicht mehr dem entsprechen, was über das Kapitaldeckungsverfahren von der Finanzierung her überhaupt möglich ist.
Ziel 4: Die Übergangsgeneration entschädigen
Was soll angepasst werden?
Personen, die in den ersten 15 Jahren nach Inkrafttreten der Reform pensioniert werden, können die Reduktion des Umwandlungssatzes nicht durch höhere Sparbeiträge kompensieren. Sie sollen deshalb einen Rentenzuschlag erhalten.
Was wäre die Wirkung?
Die «Übergangsgeneration» wird für die Nachteile aus der Reform – insbesondere durch die Reduktion des Umwandlungssatzes – finanziell entschädigt.
Häufig gestellte Fragen zur BVG-Reform 2024
Welchen Einfluss hat die BVG-Reform auf mein Einkommen im Alter?
Wie wichtig ist der Umwandlungssatz für unsere Altersleistungen?
Führt eine Senkung des BVG-Mindestumwandlungssatzes zu Leistungskürzungen?
Profitieren nur die Jungen von der BVG-Reform?
Was spricht für oder gegen den Abstimmungsvorschlag?
Wie kann ich meine persönliche Altersvorsorge stärken?
Unabhängig davon, ob die Reform angenommen wird oder nicht, ist es immer wichtig, auch privat in der 3. Säule vorzusorgen. Die gebundene Vorsorge (Säule 3a) bietet steuerliche Vorteile und ist ein wichtiger Baustein zur Ergänzung der Altersvorsorge. Die freie Vorsorge (Säule 3b) bietet mehr Flexibilität und ist eine gute Ergänzung zur Säule 3a. Hier finden Sie Informationen zu den Unterschieden zwischen Säule 3a und Säule 3b.
Je früher jemand zu sparen anfängt, desto besser: Über die Jahre lässt sich mehr Geld einzahlen, dank Zinseszins-Effekt lohnt sich das langfristige Sparen besonders und bei einem langen Anlagehorizont ist es möglich, mehr Risiko einzugehen und damit auch mehr Renditechancen zu nutzen. Für die Optimierung der Anlagestrategie ist es wichtig, die Anlagen zu diversifizieren, also breit zu streuen. So können Sie Ihr Risiko mindern und die Renditechancen erhöhen. Ausserdem sollten Sie Ihre Anlagestrategie regelmässig überprüfen und an Ihre aktuelle Lebenssituation sowie an die Marktentwicklung anpassen. Ihr Kundenberater oder Ihre Kundenberaterin steht Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite.
Nicht nur beim Sparen, sondern auch beim Risikoschutz können Lücken entstehen. Auch diese gilt es, so weit wie möglich zu schliessen.
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Lücken in der beruflichen Vorsorge können Sie auch durch freiwillige Einkäufe in die Pensionskasse schliessen. In welchem Umfang dies möglich ist, lässt sich auf dem jährlichen Pensionskassenausweis erkennen. Diese Einkäufe reduzieren nicht nur die Lücken in der Altersvorsorge, sondern lassen sich auch vom steuerbaren Einkommen abziehen und sind deshalb auch steuerlich sehr attraktiv. Allenfalls ist es sinnvoll, sie über mehrere Jahre zu staffeln. Auch bei einer möglichen Frühpensionierung gibt es einiges zu beachten. Deshalb ist eine individuelle Beratung bei einem Kundenberater oder einer Kundenberaterin immer sinnvoll und wichtig.
Welche Auswirkungen hätte die BVG-Reform auf mich?
Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten, sondern hängt von Ihrer persönlichen Situation ab.
- Falls Sie Teilzeit arbeiten, würde die geplante Senkung des Koordinationsabzugs und der Eintrittsschwelle vermutlich dazu führen, dass Sie besser abgesichert sind, weil ein grösserer Teil Ihres Einkommens versichert wäre. Allerdings würden Sie wahrscheinlich auch etwas höhere Beiträge zahlen.
- Falls Sie zur Übergangsgeneration («Personen, die in den ersten 15 Jahren nach Inkrafttreten der Reform pensioniert werden») gehören, kann Ihnen Ihre Pensionskasse ebenfalls Auskunft geben, ob Ihre Rente durch die Reform gesenkt würde und ob Sie von ausgleichenden Rentenzuschlägen profitieren würden.
- Fragen Sie bei Ihrem Arbeitgeber nach, wie Sie aktuell abgesichert sind, und lassen Sie sich den jährlichen Pensionskassenausweis erklären. So erfahren Sie unter anderem, welcher Teil Ihres Lohns obligatorisch oder überobligatorisch versichert ist (nur der obligatorische Teil wäre von einer Senkung des Umwandlungssatzes betroffen), ob Sie noch Potenzial für freiwillige Einkäufe in die Pensionskasse haben und was eine Teil- oder Frühpensionierung Sie kosten würde.
- Gerade wenn Sie zur Generation 50plus gehören, ist eine individuelle Vorsorge- und Pensionsplanung immer sinnvoll. So können Sie bereits heute die Weichen für Ihre Zukunft stellen – für Ihre finanzielle Freiheit nach der Pensionierung.
Wie sieht die Zukunft der beruflichen Altersvorsorge aus?
Drei grosse Trends werden die Zukunft der beruflichen Altersvorsorge beeinflussen:
- Demografie: Die Tatsache, dass die Bevölkerung immer älter wird und es relativ wenig Kinder gibt, wird weiterhin eine Herausforderung für unser Vorsorgesystem darstellen – weitere Anpassungen der Beiträge und der Leistungen sind möglich.
Für die staatliche Vorsorge (AHV) ist die Herausforderung noch viel grösser. Denn in der beruflichen Vorsorge spart prinzipiell jede erwerbstätige Person für sich selbst (Kapitaldeckungsverfahren), in der staatlichen Vorsorge hingegen findet das Umlageverfahren Anwendung – alle Beiträge der Aktiven gehen in einen grossen Topf, daraus werden die Renten finanziert. Wenn es weniger Beitragszahlende gibt, entstehen Lücken – wenn die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer in Rente gehen, wird dies noch ein grosses Thema werden. - Der zweite Trend, der die berufliche Altersvorsorge beeinflusst, ist die Technologie: Auch in der beruflichen Vorsorge wird die Digitalisierung verstärkt Einzug halten. Wahrscheinlich wird es in Zukunft verbesserte digitale Tools zur Verwaltung und Optimierung der Altersvorsorge geben, auch für die Versicherten selbst. Denkbar sind ausserdem automatisierte Beratungstools. Unser Vorsorgerechner gibt bereits einen Vorgeschmack darauf, in welche Richtung sich die Technik entwickeln könnte.
- Drittens ist es möglich, dass sich die rechtlichen Rahmenbedingungen ändern – angesichts der wirtschaftlichen und demografischen Entwicklung wird es auch in Zukunft notwendig sein, die gesetzlichen Grundlagen der beruflichen Vorsorge immer wieder zu überprüfen und allenfalls anzupassen.
Nützliche Links
Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV)
Pensionskassenvergleich – Vergleich der Pensionskassenleistungen
Vorsorgeforum – Fachportal zur beruflichen Vorsorge