Page 9 - kmu-magazin-no-2-2021-de
P. 9

«Das Potenzial von Wasserstoff wird heute noch verkannt»
Wasserstofffahrzeuge (FCEV) verursachen weniger Lärm und sind im Gegen­ satz zu Elektroautos mit Batterie (BEV) schneller getankt. Trotzdem spielen sie heute noch keine grosse Rolle. Kurt­Christoph von Knobelsdorff von der Nationalen Organisation Wasserstoff­ und Brennstoffzellentechnologie in Deutschland ist überzeugt: «Dies wird sich noch ändern!»
Dominik Buholzer
Alle reden derzeit von Elektroautos mit Batterie und kaum von Wasser- stofffahrzeugen. Weshalb?
Das ist dem politischen Druck geschul­ det. Die Fahrzeughersteller müssen heute sehr schnell sehr viele Null­Emis­ sionsfahrzeuge auf die Strasse bringen, um die vorgegebenen Flottengrenz­ werte der EU einhalten zu können.
Die Batterie­Technik geniesst hierbei den Vorteil, dass sie technologisch reifer ist.
Wird das Potenzial von
Wasserstoff verkannt?
Was die Verwendung im Strassenver­ kehr und konkret im Pkw anbelangt, würde ich diese Frage klar mit Ja be­ antworten.
Woran liegt das?
In Deutschland wird die Diskussion auf den Wirkungsgrad von Brenn­ stoffzellenfahrzeugen verengt. Der
NACHHALTIGKEIT
 Wasserstoff muss, damit er «grün», also klimaneutral ist, aus erneuerbarer Ener­ gie gewonnen werden. Dabei entstehen Umwandlungsverluste, die verglichen mit einem Batteriefahrzeug zu einem niedrigeren Wirkungsgrad bzw. zu nied­ rigerer Effizienz bei der Energienutzung führen. Vor dem Hintergrund bislang unzureichender Produktionskapazitäten für grünen Strom und grünen Wasser­ stoff wird deshalb dem Batterieantrieb der Vorzug gegeben und zum Teil sogar gefordert, die Nutzung von Wasser­ stoff im Pkw auszuschliessen.
Greift diese Argumentation
nicht zu kurz?
Vorab: Die Brennstoffzelle ist keine Alternative zur Batterie, sondern ihre sinnvolle Ergänzung für bestimmte Nutzungsprofile bzw. Kundenwünsche. Insgesamt ist die Elektrifizierung der Antriebe aus Klimaschutzgründen alternativlos – es gibt aber neben der
direkten Elektrifizierung mit Batterie eben auch die indirekte Elektrifizierung mit Wasserstoff und Brennstoffzelle oder auch mit strombasierten Kraft­ stoffen. Zu Ihrer Frage: Ja, die Argumen­ tation greift zu kurz, denn dadurch gerät aus dem Blick, welche Anforderungen für ein effizientes Gesamtsystem erfüllt sein müssen. Das benötigt nämlich neben Strom einen speicherbaren,
gut transportierbaren Energieträger. In einem klimaneutralen Energiesystem
ist das der aus erneuerbarem Strom hergestellte Wasserstoff. Erst durch ihn wird man bei der Nutzung von Energie nicht nur vom Ort der Stromerzeugung unabhängig – wie mit der Batterie,
die parallel zur Stromerzeugung ge­ laden werden muss –, sondern auch vom Zeitpunkt. Dieser systemische Benefit des Energieträgers Wasserstoff kompensiert die Umwandlungsverluste allemal. Wird er berücksichtigt, erscheint das Potenzial von Wasserstoff für den
9














































































   7   8   9   10   11