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  Die Netzwerker aus dem Tessin
Ein Haus bauen, die Kanalisationsleitung ersetzen – all diese Arbeiten führen Rigassi & Pinchetti aus. Doch das Tessiner Bauunternehmen hat sich auch einen Namen in der Fels- sicherung gemacht. Dabei hängen die Arbeiter oft an Seilen – und spannten jüngst ein Netz von Rekordgrösse.
Dominik Buholzer
Die zwei Kilometer zwischen Lugano und Melide haben es in sich: Unten befinden sich die Linie der SBB auf der wichtigen Nord-Süd-Achse, die Kantonsstrasse und bald ein neuer Veloweg. Oben sind die steilen Wände des San Salvatore, von denen immer wieder Steine und Geröll hinunter- donnern. Besonders bei starken Re- genfällen oder heftigen Stürmen ist die Gefahr gross. 2017 und 2021 musste die Kantonsstrasse wegen Steinschlags gesperrt werden, 2015 war die Bahn- linie davon betroffen.
Um die Gefahr von Gerölllawinen und Murgängen zu begrenzen, wurden an der Ostseite des San Salvatore in den vergangenen eineinhalb Jahren ver- schiedene Schutzbauten erstellt. Unter anderem spannten Arbeiter Metallnetze. An einigen Stellen erreichen diese eine Höhe von neun Metern und sind damit die höchsten, die je in der Schweiz in- stalliert wurden. Und sie zählen auch zu den höchsten in Europa (siehe Box).
Die Arbeiten waren oft spektakulär. Da das Gebiet sehr steil und schwer zu- gänglich ist, hingen die Bauarbeiter an Seilen. Oder sie klammerten sich an Stangen oder Netze, um das Material entgegennehmen zu können, das ihnen die Helikopter brachten.
Der Mut zur Spezialisierung
Ausgeführt wurden die Arbeiten von Spezialisten der Firma Rigassi&Pinchetti aus Lodrino in der Nähe von Biasca im Kanton Tessin. Die Arbeiter verfügen alle über eine Bergsteigerausbildung und sind es gewohnt, Arbeiten in den ungewöhnlichsten Situationen durch- zuführen. «Es sind verrückte Kerle. Sie können auch an einem Seil hängend be- tonieren», sagt Erik Pinchetti und lacht. Der 50-Jährige führt zusammen mit seinem Bruder Alan die Firma in dritter Generation.
Angefangen hatte alles 1948 mit einem klassischen Bauunternehmen im Calancatal. Unter der Ägide von
Eriks und Alans Vater und einem Onkel erfolgte der erste Ausbauschritt. 2003 übernahmen Erik und sein zwei Jahre jüngerer Bruder das Zepter. Nicht dass Erik in jungen Jahren davon geträumt hätte. Aber nach der kaufmännischen Lehre in einem Treuhandbüro wurde er schnell mit den Büchern des Familien- unternehmens betraut. Ein Schritt folgte auf den anderen, bis er letztlich zu- sammen mit seinem Bruder die Verant- wortung für die Firma übernahm.
Ähnlich verlief es mit der Spezialisie- rung. Es war vor gut fünf Jahren, als Ri- gassi & Pinchetti bei einem Bauprojekt
























































































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