VVG Teilrevision

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VVG Teilrevision

Anwendbarkeit der Gesetzesänderungen auf bestehende Versicherungsverträge per 1. Januar 2022 (Nicht-Lebensversicherung)

Am 1. Januar 2022 tritt die Teilrevision des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) in Kraft. Sie bringt zahlreiche Verbesserungen für Versicherungskundinnen und -kunden. Aufgrund der gesetzlichen Übergangsregelung gelten die meisten neuen Bestimmungen lediglich für Verträge, die ab dem 1. Januar 2022 abgeschlossen werden. Zurich möchte auch Kunden mit bestehenden Versicherungsverträgen im Nicht-Leben-Bereich von den Vorteilen der VVG-Teilrevision profitieren lassen. Wir haben deshalb entschieden die revidierten Bestimmungen, sofern sich diese zugunsten von Versicherungsnehmerinnen und Versicherungsnehmer oder versicherten Personen auswirken, auch bei bestehenden, vor 2022 abgeschlossenen Verträgen, freiwillig und sofern rechtlich zulässig, anzuwenden. 

Nachfolgend ein Überblick

Die wichtigsten Verbesserungen für Kunden mit bestehenden Versicherungsverträgen:

Anzeigepflichtverletzung - Art. 6 Abs. 3 revVVG

Leistungskürzungen sind nur noch in dem Umfang zulässig, in dem sich die Anzeigepflichtverletzung auf den Schadenumfang ausgewirkt hat.

Beispiel: Beim Abschluss einer Gebäudeversicherung wird nach der Bauart gefragt. Der Versicherungsnehmer erklärt wahrheitswidrig, dass sein Holzhaus aus Stein gebaut sei. Durch den Brand entsteht ein Schaden von CHF 1 Mio. Wäre das Haus aus Stein gebaut gewesen, wäre lediglich ein Schaden von CHF 200'000 eingetreten. Nach altem Recht wäre der Versicherer von seiner Leistungspflicht vollständig befreit gewesen. Neu müsste er im vorliegenden Fall CHF 200'000 bezahlen.

Gefahrsminderung - Art. 28a revVVG

Bei einer relevanten Gefahrsminderung können Versicherungsnehmer eine Prämiensenkung verlangen oder neu auch den Vertrag kündigen.

Beispiel: Ein KMU verkauft einen grossen Betriebszweig, der in der Firmenkunden Betriebshaftpflicht-Police zu einer Gefahrsminderung führt.

Abschlagszahlungen im Leistungsfall - Art. 41a revVVG

Bei bestrittener Leistungspflicht ist der Versicherer verpflichtet, Abschlagszahlungen bis zur Höhe des unbestrittenen Betrags zu leisten.

Beispiel: In einem komplexen Schadenfall ist der Leistungsanspruch an sich klar und ein Teil der Forderung völlig unbestritten. Während ein Teil der Forderung weitere Abklärungen erfordert oder aus anderen Gründen vom Versicherer in Frage gestellt/bestritten wird, wird die Leistung im Umfang des unbestrittenen Teils der Forderung ausgezahlt.

Obliegenheitsverletzung - Art. 45 revVVG

Bei einer Obliegenheitsverletzung tritt kein Nachteil ein, wenn diese keinen Einfluss auf den Eintritt des Schadenfalls und auf den Umfang der geschuldeten Leistungen gehabt hat.

Beispiel: In einem Schadenfall hätte der Versicherungsnehmer eine Obliegenheit gehabt, welche dieser nicht beachtet hat. Da diese Obliegenheitsverletzung nachweislich im konkreten Schadenfall keinen Einfluss auf den Eintritt oder die Höhe der Versicherungsleistung hat, wird die Leistung vollumfänglich erbracht.

Verjährungsfrist - Art. 46 revVVG

Forderungen aus dem Versicherungsvertrag verjähren in fünf statt wie bisher in zwei Jahren (Ausnahme: zweijährige Verjährungsfrist bei kollektiven Krankentaggeld-Versicherungen).

Beispiel: Neu können Sie z.B. einen Wasserschaden in einer Hausratsversicherungspolice nach 4 Jahren Zurich melden, ohne dass Zurich diesbezüglich die Verjährung geltend macht

Mehrfachversicherung - Art. 46b revVVG

Der später abgeschlossene Vertrag kann vom Versicherungsnehmer innert vier Wochen nach Feststellung der Mehrfachversicherung gekündigt werden.

Beispiel: Ein Paar stellt überrascht fest, dass seit dem Zusammenzug in die gleiche Wohnung ihre Hausratversicherungen jeweils beide den gesamten Hausrat der gemeinsamen Wohnung versichert haben. Die Kündigung muss innert 4 Wochen ab Entdeckung der Mehrfachversicherung erfolgen.

Haftpflichtversicherung – Rückgriffsansprüche - Art. 59 Abs. 2 revVVG

Die Haftpflichtversicherung deckt sowohl die Ersatzansprüche der Geschädigten als auch die Rückgriffsansprüche Dritter. Somit sind Regress- und Ausgleichsansprüche Dritter für Leistungen, die sie den Geschädigten ausgerichtet haben, neu auch automatisch für Arbeitnehmer mitversichert.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer (ohne leitende Funktion) verursacht im Rahmen seiner Tätigkeit für den Betrieb auf einer Baustelle einen Berufsunfall eines Dritten. Der Unfallversicherer des Geschädigten fordert die Leistungen vom Arbeitnehmer über die Betriebshaftpflichtversicherung des Firmenkunden zurück. Früher wäre der Regress nur gedeckt gewesen, wenn die Schadensverursachung durch einen leitenden Arbeitnehmer verursacht worden wäre. Heute sind solche Rückgriffsansprüche auch gedeckt bei einer Verursachung durch einen Arbeitnehmer ohne Führungsfunktion.

Wichtige Hinweise

  • Die von Zurich freiwillig gewährten Verbesserungen gelten für maximal zwei Jahre vom 01.01.2022 bis zum 31.12.2023 bzw. für Schadenfälle, die erstmals in den zeitlichen Geltungsbereich der Versicherungsverträge vom 01.01.2022 bis zum 31.12.2023 fallen. Damit erhalten Kundinnen und Kunden, Vertriebspartner und Zurich genügend Zeit, um entsprechend den Kundenbedürfnissen Policen an die neusten Versicherungsbedingungen anzupassen. Mit dem Zeitpunkt der Anpassung an die neusten Versicherungsbedingungen fallen die freiwillig gewährten Verbesserungen dahin.
  • Die freiwillig gewährten Verbesserungen beziehen sich auf solche, die das Verhältnis zwischen Versicherungsnehmer/Versicherte Personen und Versicherer betreffen, nicht aber solche, die z.B. das Verhältnis zwischen Geschädigten und Versicherer betreffen (z.B. direktes Forderungsrecht gemäss Art. 60 Abs. 1bis revVVG).
  • Ausgenommen sind:
    - Verträge, welche nicht (unmittelbar) dem VVG unterstehen (z.B. UVG-Versicherungen),
    - Lokalverträge im Rahmen von internationalen Versicherungsprogrammen aus dem Ausland (sog. Receiving-Verträge),
    - Verträge, insoweit sie spezifische Vereinbarungen enthalten, die keine Änderung von zwingenden oder teilzwingenden VVG-Bestimmungen bedeuten.

Weitere Änderungen

Diese gelten ab 1. Januar 2022 von Gesetzes wegen für alle laufenden Verträge:

Formvorschriften

Zur Erleichterung des elektronischen Geschäftsverkehrs genügt für Rechtshandlungen, für die bisher die Schriftform (eigenhändige oder qualifizierte elektronische Unterschrift) vorgeschrieben war, auch die sog. Textform (unterschriftslose schriftliche Erklärung). 

Ausserordentliches Kündigungsrecht - Art. 35b revVVG

Der Vertrag kann jederzeit aus wichtigem Grund gekündigt werden (wenn eine nicht voraussehbare Änderung der rechtlichen Vorgaben die Erfüllung des Vertrags verunmöglicht oder wenn die Fortsetzung des Vertrags nicht mehr zumutbar ist).