Die obligatorische Unfallversicherung (UVG) einfach erklärt

Ein Arzt sitzt am Tisch und betrachtet ein Röntgenbild

Die obligatorische Unfall­ver­sicherung (UVG) einfach erklärt

Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, ihr Personal gegen die Folgen eines Unfalls zu versichern. Die obligatorische Unfallver­sicherung gemäss UVG übernimmt Kosten, die durch Berufs- und Nichtberufs­unfälle oder eine Berufskrankheit entstehen. Was bedeutet dies konkret? Unser kompakter Ratgeber beantwortet alle wichtigen Fragen rund um das Thema.

Der Ratgeber rund um die obligatorische Unfallversicherung

Unfälle passieren oftmals schneller als gedacht. Für das Jahr 2019 meldeten die Unfallversicherer gemäss Unfallstatistik 2020 in der Schweiz über 860’000 Berufs- und Freizeit­unfälle von angestellten und stellensuchenden Personen. Glücklicher­weise sieht die schweizerische Gesetzgebung mit dem Bundesgesetz über die Unfall­versicherung (UVG) eine obligatorische Unfall­versicherung vor. Diese soll Angestellte im Falle eines Betriebs- und Nichtbetriebs­unfalls oder einer Berufskrankheit finanziell absichern. Doch wie funktioniert die obligatorische Unfallversicherung? 

Unfallversicherungen: obligatorisch oder freiwillig?

Das Unfallversicherungsgesetz (UVG) sieht eine obligatorische Unfallversicherung vor. Arbeitgeber sind verpflichtet, ihre Angestellten abzusichern. Unfallversicherungen gemäss UVG können bei einem hierfür zugelassenen Privatversicherer, zum Beispiel Zurich, einer Kranken­kasse oder bei der Schweizerischen Unfallver­sicherungsanstalt (SUVA) abgeschlossen werden. Die SUVA hat bei den in Art. 66 UVG genannten Betrieben bestimmter Berufsgruppen ein Unfall­versicherungs-Monopol. Die genannten Betriebe müssen folglich ihre UVG-Versicherung zwingend bei der SUVA abschliessen. Obwohl die Unfall­versicherung obligatorisch ist, unterstehen nicht alle ihrem Schutz. Details zur Unterstellung finden Sie in der Antwort zu Frage 3 unten.  

Berufsunfall (BU) oder Nichtberufsunfall (NBU)?

Die obligatorische Unfall­versicherung übernimmt Kosten, die durch Berufs- und Nicht­berufsunfälle oder eine Berufs­krankheit entstehen. Generell gilt: Ein Berufs­unfall (BU) ereignet sich während der Arbeitszeit; Nichtberufsunfälle (NBU) auf dem Arbeitsweg oder während der Freizeit. Die Freizeitunfälle machen gemäss der Unfallstatistik 2020 gar zwei Drittel aller gemeldeten Unfälle aus. Berufs­krankheiten werden Berufs­unfällen gleichgestellt. Der Versicherungs­schutz und die Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung sind gesetzlich vorgeschrieben. 

Wer ist obligatorisch UVG-versichert?

Alle unselbstständig erwerbenden Personen in der Schweiz sind obligatorisch unfallversichert. Grundsätzlich gilt Folgendes:

  • Sie arbeiten mindestens acht Stunden pro Woche für denselben Arbeitgeber?  
    In diesem Fall geniessen Sie einen vollum­fänglichen Versicherungs­schutz für Berufsunfälle (BU) und Nichtberufsunfälle (NBU). 
  • Sie arbeiten weniger als acht Stunden respektive ihr Teilzeitpensum erreicht bei keinem Ihrer Arbeitgeber acht Stunden pro Woche?  
    In diesem Fall sind Sie für Nicht­berufsunfälle (NBU) nicht versichert. Freizeitunfälle werden über die obligatorische Krankenpflege­versicherung abgewickelt. Unfälle auf Ihrem Arbeitsweg hingegen sind versichert – eine Ausnahmeregelung – denn grundsätzlich gelten diese als Nichtberufsunfälle (NBU).
  • Sie sind arbeitslos?  
    In diesem Fall sind Sie bei der SUVA UVG-versichert, vorausgesetzt Sie erfüllen die Voraussetzungen für den Bezug der Arbeitslosenentschädigung. Die Prämien für die Unfall­versicherung bezahlen Sie vollum­fänglich selbst –  sie werden Ihnen direkt von Ihrem Arbeitslosen­taggeld abgezogen. 

Gut zu wissen: Für Selbstständig­erwerbende gilt die Unfallversicherungs-Pflicht nicht. Sie können sich freiwillig der Unfall­versicherung nach UVG anschliessen oder Teile ihres Unfallrisikos über eine private Unfallversicherung absichern. Dasselbe gilt für die nicht obligatorisch versicherten, mitarbeitenden Familienan­gehörigen. Die Zurich Unfallversicherung für Selbstständige bietet Ihnen und Ihren Liebsten Schutz vor den finanziellen Folgen eines Unfalls. Wer auf eine freiwillige Versicherung verzichtet, ist obligatorisch bei der Krankenkasse, für die bei einem Unfall anfallenden Behand­lungskosten, versichert. Die Unfall­deckung der obligatorischen Krankenpflege­versicherung beinhaltet jedoch insbesondere keine Leistungen bei Lohn- und Erwerbsausfall. 

Wer zahlt die Unfallversicherungsprämie?

Die Prämie für die Berufsunfall­versicherung (BU) ist vollumfänglich vom Arbeitgeber zu bezahlen. Sollten Sie auf Ihrem Lohn­ausweis dennoch einen Abzug für die Unfall­versicherung finden, so handelt es sich um die Prämie der Nicht­berufsunfall­versicherung (NBU). Diese Prämie dürfte der Arbeitgeber bis zu 100 % auf sein Personal überwälzen. Heutzutage übernehmen jedoch viele Arbeitgeber auch die NBU-Prämie oder einen massgebenden Teil davon. Selbstständig erwerbende Personen, die sich freiwillig versichern, zahlen die Prämien vollum­fänglich selbst.   

Welche Leistungen umfasst das UVG?

Welche Leistungen in welcher Höhe durch die Unfallversicherung übernommen werden, ist gesetzlich definiert. Folgendes ist versichert: 

  • Pflegeleistungen und Kostenvergütungen 
    Gemäss Gesetz sind zweckmässige und wirtschaftliche Heilbe­handlungen versichert. Darunter fallen alle notwendigen Behandlungen, die für eine Heilung notwendig sind. Kosten für Heilbehandlungen (z.B. Arzt, Zahnarzt, Medikamente, Spital­unterkunft in der allgemeinen Abteilung), Hauspflege, Hilfsmittel, Rettungs­transport sowie ärztlich verordnete Kuraufenthalte sind abgedeckt. Für Pflegeleistungen innerhalb der Schweiz sind die Kosten unbegrenzt versichert. Im Ausland hingegen ist maximal der doppelte Betrag, der für die gleiche Behandlung in der Schweiz anfallen würde, versichert. 
  • Taggeld 
    Der Arbeitgeber ist arbeitsrechtlich an sich verpflichtet, einem unfallbedingt arbeitsunfähigen Mitarbeitenden während einer gewissen Dauer weiterhin Lohn zu bezahlen. Diese Lohnfortzahlungspflicht entfällt jedoch, soweit der Arbeitnehmende gegen die wirtschaftlichen Folgen unverschuldeter Arbeits­verhinderung obligatorisch versichert ist und die Versicherungsleistungen mindestens 80 % des Lohnes ausmachen. Bei geringeren Leistungen hat der Arbeitgeber die Differenz zu entrichten (Art. 324b OR). Die Höhe des UVG-Taggeldes wird durch den Grad der Arbeitsunfähigkeit bestimmt. Bei voller Arbeitsun­fähigkeit beträgt das Taggeld 80 % des versicherten Verdienstes ab dem dritten Tag nach Unfall.  
  • Invalidenrente 
    Auch für die Berechnung der UVG-Invalidenrente ist der Grad der Invalidität massgebend. Bei Vollinvalidität beträgt die Rente 80 % des versicherten Verdienstes. Hat der Versicherte Anspruch auf eine Rente der Invaliden­versicherung (IV) oder auf eine Rente der Alters- und Hinter­lassen­enver­sicherung (AHV), so wird ihm aus der Unfall­versicherung eine sogenannte Komple­mentär­rente gewährt. Diese ergänzt die IV- respektive AHV-Rente bis auf 90 % seines versicherten Verdienstes. 
  • Hinterlassenenrente  
    Stirbt der Versicherte an den Folgen eines Unfalls, erhalten die Familienangehörigen eine Hinterlassenenrente.  
  • Integritätsentschädigung 
    Bleibt durch einen Unfall eine dauerhafte körperliche, geistige oder psychische Einschränkung zurück, wird eine einmalige Integritäts­entschädigung in Form einer Kapitalleistung ausbezahlt.  
  • Hilflosenentschädigung  
    Eine Hilfslosenent­schädigung erhält, wer aufgrund der Invalidität dauerhaft auf Hilfe von Dritten zur Unterstützung im Alltag angewiesen ist.  

Für die Berechnung der Taggeld- oder Renten­höhe ist der versicherte Verdienst der vom Unfall betroffenen Person massgebend. Gemäss Gesetz sind pro Jahr höchstens CHF 148‘200, respektive CHF 406 pro Tag versichert. Bei einem höheren Jahreslohn kann die Differenz optional über eine privatrechtliche Unfall-Zusatzversicherung (UVG-Z) abgedeckt werden.  

Gut zu wissen: Als Arbeitgeber bezahlen Sie während den ersten zwei Tagen nach einem Unfall Ihren Angestellten mindestens 80 % des Lohns. Ab dem dritten Tag springt die Unfall­versicherung ein. In Fällen einer lang andauernden Arbeits­unfähigkeit werden die Leistungen mit der staatlichen Vorsorge (AHV/IV) koordiniert. 

Können UVG-Leistungen gekürzt oder verweigert werden?

Eine Kürzung der Leistungen ist möglich, wenn Sie als versicherte Person einen Unfall durch eigenes Verschulden verursachen. Dies passiert dann, wenn Sie den Unfall grobfahrlässig herbeiführen, ein Wagnis eingehen oder sich einer ausserge­wöhnlichen Gefahr aussetzen, zum Beispiel unter Alkohol- oder Drogeneinfluss Auto fahren oder sich aktiv an einer Schlägerei beteiligen.  

Wie lange sind Sie UVG-versichert?

Sie sind solange versichert wie Sie angestellt sind: Der Versicherungs­schutz beginnt an dem Tag, an dem Ihr Arbeitsverhältnis beginnt oder Sie erstmals Anspruch auf Ihren Lohn haben. Wird kein konkreter Tag zur Arbeits­aufnahme vereinbart, beginnt der Schutz dann, wenn Sie sich erstmals auf Ihren Arbeitsweg machen. Sofern der Arbeitsvertrag keine anderen Regelungen vorsieht, endet der obligatorische Versicherungsschutz für Nichtberufsunfälle (NBU) 31 Tage nach Ihrem Austritt aus dem versicherten Betrieb.  

Bei der freiwilligen Unfallversicherung richtet sich die Dauer nach der vertraglichen Vereinbarung.  

Gut zu wissen: Sie geben Ihre Erwerbs­tätigkeit vorübergehend auf oder reduzieren diese unter acht Stunden pro Woche? Keine Sorge. Den bestehenden Versicherungs­schutz für Nichtberufsunfälle (NBU) nach UVG können Sie um bis zu sechs Monate verlängern. Die Lösung heisst Abrede­versicherung. Diese können Sie bei derjenigen Versicherungs­gesellschaft abschliessen, bei der Sie vorher durch Ihren Arbeitgeber obligatorisch für NBU versichert waren. Die Prämie beläuft sich auf CHF 40 pro Monat. 

Sind Sie im Ausland gegen Unfälle versichert?

Ja, das sind Sie! Für nach UVG versicherte Personen gilt die Unfall­versicherung auch im Ausland. Falls Sie oft im Ausland unterwegs sind, kann sich der Abschluss einer privatrechtlichen Unfall-Zusatzversicherung (UVG-Z) lohnen. Denn die obligatorische Unfall­versicherung deckt medizinische Behandlungen und Transport­kosten im Ausland lediglich bis zur doppelten Höhe der Kosten in der Schweiz. 

Key Take-aways

  • Unselbstständig erwerbenden Personen (Arbeitnehmende) in der Schweiz, sind obligatorisch nach UVG unfallversichert. 
  • Die Prämie für die Berufsunfall­versicherung (BU) trägt der Arbeitgeber. Die Prämie für die Nicht­berufsunfall­versicherung (NBU) müssten Sie tragen.  Der Arbeitgeber dürfte diese zwar ganz auf Sie überwälzen, doch die meisten Arbeitgeber übernehmen freiwillig einen Teil der Kosten.  
  • Der Umfang des Versicherungs­schutzes hängt von Ihrem Arbeitspensum sowie Ihrem versicherten Verdienst ab.  
  • Für selbstständig erwerbend Personen gilt die UVG-Versicherungs­pflicht nicht. Sie können sich freiwillig dem UVG anschliessen oder das Unfallrisiko über eine private Unfallversicherung absichern.  

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