Alterseinkommen aus 1. und 2. Säule: Wunsch und Wirklichkeit klaffen auseinander

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Alterseinkommen aus 1. und 2. Säule: Wunsch und Wirklichkeit klaffen auseinander

In der Altersvorsorge öffnet sich die Schere zwischen Wunsch und finanzieller Realität, das zeigt eine aktuelle Studie des Forschungsinstituts Sotomo: Im Schnitt benötigen die Befragten nach eigener Einschätzung nach der Pensionierung markant mehr Einkommen, als sie aus der 1. und 2. Säule erwarten können. Das bedeutet für Erwerbstätige: Sie müssen ihre finanzielle Zukunft selbst in die Hand nehmen.

Seit 2021 beschäftigt sich die Studienreihe «Fairplay in der beruflichen Vorsorge» mit dem Wissen und den Einstellungen der Bevölkerung zur 2. Säule. Das Forschungsinstitut Sotomo hat im Auftrag der Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG zum dritten Mal eine repräsentative Umfrage durchgeführt: Mehr als 1’800 Personen zwischen 18 und 79 Jahren wurden im Januar 2023 befragt – mit spannenden Ergebnissen.

Die Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Laut der Umfrage benötigen die Menschen in der Schweiz im Schnitt nach der Pensionierung 76% ihres derzeitigen Einkommens, um «ganz zufrieden zu sein». Dafür reichen die staatliche und berufliche Vorsorge, also 1. und 2. Säule, allerdings nicht aus: Gemäss dem vom Bund definierten Ziel sollen die beiden Säulen zusammen nach der Pensionierung rund 60% des letzten Brutto­einkommens ergeben. Je nach individueller Situation kann der Wert jedoch auch tiefer liegen, zum Beispiel nur bei 50%. Faktoren wie etwa die Niedrig­zinsphase der vergangenen Jahre, Inflation und Umverteilung können dazu führen, dass mit der Zeit die angestrebten 60% aus 1. und 2. Säule immer weniger erreicht werden.

Es klafft also bei vielen Menschen eine wachsende Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Die Befragten mit einem Einkommen von monatlich CHF 6’000 etwa würden sich im Schnitt einen Rentenbetrag von CHF 4’600 wünschen. Doch die angestrebten 60% aus 1. und 2. Säule liegen lediglich bei CHF 3’600 – damit ergäbe sich eine Lücke von CHF 1’000 im Monat. Solche Lücken lassen sich nur schliessen, wenn die Erwerbs­tätigen konsequent in der freiwilligen 3. Säule fürs Alter sparen und sich so einen dritten Baustein ihrer finanziellen Absicherung aufbauen. Es ist enorm wichtig, das Bewusstsein für diese Zusammenhänge zu wecken – damit die Menschen in der Schweiz die Weichen für ihre finanzielle Zukunft richtig stellen können.

Ersatzquote

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Nur mit Finanzwissen werden die Folgen der Inflation auf die Vorsorge verstanden

Die aktuelle Fairplay-Studie zeigt darüber hinaus auf: Nur ein Teil der Bevölkerung verfügt über das notwendige Wissen, um die Funktions­weise der 2. Säule zu verstehen und auch die Folgen der aktuellen Inflation auf die Vorsorge einzuschätzen. Die Jahresteuerung lag 2022 in der Schweiz mit 2,8% so hoch wie zuletzt in den 1990er-Jahren. Das hat nicht nur beim Einkaufen Aus­wirkungen, sondern auch das Sparkonto verliert relativ an Wert. Doch das ist der Bevölkerung kaum bewusst: Die Menschen machen sich viel öfter (73%) Sorgen um die steigenden Lebenshaltungs­kosten als um die Entwertung ihrer Ersparnisse (43%). Dass das Kapital in der beruflichen Vorsorge bei Inflation ebenfalls entwertet wird, beunruhigt gerade einmal 29% der aktiv Versicherten. Hier gibt es klare geschlechtsspezifische Unterschiede: Den Frauen ist noch weniger als den Männern bewusst, dass die Inflation auch Aus­wirkungen auf die Vorsorge hat und das klassische Sparen auf einem Konto von der Inflation betroffen ist. Entsprechend passen sie ihr Anlageverhalten seltener an die Inflation an.

Gründe für Sorge aufgrund Teuerung

Gründe für Sorge aufgrund Teuerung
Gründe für Sorge aufgrund Teuerung

Dazu passt, dass Männer ihr Finanzwissen deutlich besser beurteilen als Frauen. Denn fehlendes Wissen ist einer der Hauptgründe, weshalb jemand seine – oder ihre – Ersparnisse nicht in Aktien oder Obligationen investiert. Kleinsparerinnen und -sparer mit wenig Vermögen und wenig Finanz­wissen haben ein geringeres Bewusstsein für die Entwertung ihrer Ersparnisse. Dabei sind sie oft stärker betroffen, denn ihr finanzieller Spielraum ist kleiner. Verliert ihr Erspartes an Wert, geraten sie schneller in finanzielle Engpässe als Wohl­habende, die auch mehr Möglichkeiten haben, ihr Geld ertragreich anzulegen.

Wie kommt es, dass sich manche Menschen mit dem Thema Finanzen besser auskennen als andere? Laut der Fairplay-Studie stützen vor allem ältere Menschen ihr Finanz­wissen auf eigene Erfahrungen. Junge Erwachsene hingegen entwickeln ihre finanzielle Kompetenz dank Bezugs­personen aus dem Familien- und Bekanntenkreis – rund die Hälfte nennt sie als Quelle. In Schule und Ausbildung hingegen wurde nur knapp jedem dritten jungen Erwachsenen finanzielles Wissen vermittelt. Das bedeutet, es ist mehr oder weniger Glückssache, ob man in einem finanz­kompetenten Umfeld aufwächst – systematisch vermittelt werden diese Inhalte gemäss der Umfrage nicht. Dazu passt, dass eine überwältigende Mehrheit der Befragten – 87% – es begrüssen würde, wenn Wissen zu Vorsorge und Anlage als Schulstoff vermittelt würde.

Für eine entspannte Pensionierungs­zeit mit einem ausreichenden Einkommen ist es notwendig, so weit wie möglich die finanzielle Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Das gilt gerade auch für Menschen mit einem kleineren Einkommen. Doch vielen ist das bisher zu wenig bewusst. Deshalb gilt: Wer die Weichen für die Pensionierungszeit richtig stellen will, muss eine eigene Vorsorge-Expertise aufbauen – oder sich kompetent beraten lassen.

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