Paar schaut aus Wohnung

Wohnung mieten oder kaufen: Was lohnt sich?

Julia ist im 6. Monat schwanger. Sie und ihr Lebenspartner Stefan freuen sich auf ihr erstes Kind ­– und machen sich Gedanken über ihre Wohnsituation. Ihre Altbauwohnung ist zu klein für Mutter, Vater, Kind und Homeoffice. Eine grössere Wohnung ist in Winterthur schwierig zu finden ­und teuer. Darum überlegen sich die beiden, ob kaufen sinnvoller wäre als mieten.

Flexibel und mobil oder sesshaft?

«Frag dich zuerst, ob du lieber flexibel und mobil oder sesshaft sein willst», rät Petra, ihre beste Freundin. Ein weiser Rat. Eine Wohnung kaufen ist eine Entscheidung mit Konsequenzen. Julia plant ihre mittel­fristige Zukunft mit Stefan in Winterthur und will nach der Geburt wieder arbeiten. Zuerst Teilzeit, danach Vollzeit. Studiert und im Ausland gearbeitet hat sie schon, sie fühlt sich in der Stadt zu Hause. Konkrete Vorstellungen, wo und wie sie ihren Ruhestand verbringen will, hat sie mit 36 noch nicht. Vieles spricht also dafür, sesshaft zu werden. Darum schreibt Julia die grössten Vorteile und Nachteile von Wohn­eigentum auf.

Mieten oder kaufen: 5 Vorteile von Wohneigentum

  1. Wohnkosten: Dank historisch tiefen Zinsen ist kaufen in der Regel günstiger als mieten.
  2. Sicherheit: Wohneigen­tümerinnen und Wohneigentümer sind, anders als Mieterinnen und Mieter, sicher vor Kündigungen.
  3. Altersvorsorge: Die 2. Hypothek muss zurückbezahlt (amortisiert) werden. Dank den sinkenden Schuldzinsen sinken die Wohnkosten im Alter.
  4. Steuervorteile: Wohneigen­tümerinnen und Wohneigentümer dürfen Schuldzinsen, Kosten für werterhaltende Sanierungen und Investitionen in energetische Massnahmen vom steuerbaren Einkommen abziehen.
  5. Wertsteigerung: Die Nachfrage übersteigt das Angebot. Darum sind gepflegte Immobilien an guter Lage eine solide Anlage und ein wichtiger Teil der Altersvorsorge.

Gut zu wissen: Mieten hat andere Vorteile. Eine Wohnung kündigen geht einfacher und schneller als eine Wohnung verkaufen. Ausserdem tragen Mieterinnen und Mieter weniger Verant­wortung, müssen sich nur um den kleinen Unterhalt kümmern, bezahlen weniger Unterhalts­kosten und haben mehr freies Kapital zur Verfügung.

Mieten oder kaufen: 5 Nachteile von Wohneigentum

  1. Belehnung: Banken und Versicherungen belehnen Wohneigentum bis 80% (siehe «Belehnung, 1. Hypothek und 2. Hypothek»). Wohneigen­tümerinnen und Wohneigentümer müssen mindestens 20% Eigenkapital einbringen.
  2. Tragbarkeit: Die Wohnkosten dürfen 35% des Bruttoein­kommens nicht übersteigen (siehe «Tragbarkeit: Wieviel Wohn­eigentum können Sie sich leisten?»).
  3. Finanzielle Einbussen: Arbeitslosigkeit, eine Scheidung, Invalidität oder ein Todesfall führen häufig zu einem tieferen Einkommen und gefährden die Tragbarkeit. Wohneigen­tümerinnen und Wohneigentümer können ihre Familie mit einer Risikoleben- oder Todesfall­versicherung vor den finanziellen Folgen schützen.
  4. Unterhalt: Spätestens nach 15 bis 20 Jahren werden die ersten grösseren Renovationen oder Sanierungen fällig. Je länger sie auf die lange Bank geschoben werden, desto teurer werden sie.
  5. Markt: Zum einen können die Hypothekar­zinsen stark steigen und die Tragbarkeit gefährden. Zum anderen kann der Immobilien­markt einbrechen und die Wohnung verliert an Wert.

Wohneigen­tümerinnen und Wohneigentümer müssen den Eigenmietwert als fiktives Einkommen und den Wert des Hauses oder der Wohnung als Vermögen versteuern. Dafür dürfen Sie die Hypothekar­schuld, Schuldzinsen und Unterhaltskosten abziehen.

Gut zu wissen: Mieten hat andere Nachteile. Mieterinnen und Meiter bezahlen in der Regel mehr für eine vergleichbare Wohnung, haben aber weniger Gestaltungs­freiheit. Ausserdem haben sie weniger Mitspracherecht und müssen sich an die Vorgaben der Liegenschaften­verwaltung halten.

Kostenvergleich mieten oder kaufen

Julia glaubt, dass kaufen für Stefan und sie sinnvoller wäre. Die beiden verdienen gut, leben bescheiden und haben gemeinsam etwas mehr als eine Viertelmillion Franken gespart. Jetzt will Julia herausfinden, ob es sich finanziell lohnt. Mietwohnungen in Winterthur, die gross genug wären, kosten CHF 3‘200 im Monat. Dafür könnten die beiden aktuell eine Eigentumswohnung für etwas mehr als 1,1 Million Franken kaufen (Beträge in CHF):

Kaufpreis   1‘111‘594
Eigenkapital (20%)   222‘319  
Fremdkapital (80%)    

1. Hypothek (65%)

  722‘536 
2. Hypothek (15%)   166‘739 
     
Wohnkosten vor Steuern  Miete  Kauf
Miete inklusive Nebenkosten  38‘400  
Zinsen 1. Hypothek (1,75%)    12‘644
Zinsen 2. Hypothek (2,25%)    3‘752
Nebenkosten (0,65% des Kaufpreises)    7‘225
Amortisation 2. Hypothek    8‘337
Unterhalt (Einlage in den Erneuerungsfonds)    3‘891
   38‘400  35‘849
     
Benötigtes Bruttoeinkommen    108‘633
     
Steuereffekt
   
Eigenmietwert netto
   24‘900
abzugsfähige Schuldzinsen   - 16‘396 
steuerbares Einkommen    8‘504
     2‘551
     
Wohnkosten nach Steuern  38‘400  38‘400

Das ist nur eine Musterrechnung mit fiktiven Zahlen. Berechnen Sie online, wieviel ein Haus oder eine Wohnung kosten dürfte, damit kaufen günstiger ist als mieten (Quelle: HEV).

Die Rechnung geht auf, solange die Zinsen so tief sind wie jetzt. Anfang 2008 lagen sie über 4,5%, Anfang der 1990er-Jahre sogar über 10%. Darum berechnen Banken die Tragbarkeit von Wohneigentum vorsichtig mit einem kalkulatorischen Hypothekarzinssatz von 4,5% oder 5%, der über den aktuellen Zinsen liegt.

Tipp: Wenn Sie von einer kleineren in eine grössere Wohnung ziehen, sollten Sie prüfen, ob die Hausratversicherung und die Privathaftpflichtversicherung angepasst werden sollten. Eine Gebäudeversicherung ist für Wohneigentümerinnen obligatorisch, eine Mietkautionsversicherung für Mieterinnen allenfalls sinnvoll.

Die Suche kann beginnen

Julia ist überzeugt. Jetzt muss sie mit Stefan Suchkriterien definieren. Klar ist, wo sie wohnen wollen: Winterthur (Makrolage). Wo genau, wissen sie noch nicht. Diese Suchkriterien sind ihnen für die Umgebung (Mikrolage) wichtig:

  • Distanzen zum öffentlichen Verkehr
  • Geschäfte in der Nähe
  • ein Kinderhort in der Nähe
  • ein Kindergarten in der Nähe
  • eine Tagesschule in der Nähe
  • eine lebendige Nachbarschaft
  • etwas Grün, Aussicht und Sonne

Beim Objekt sind Julia und Stefan offen. Neubau oder wieder Altbau, durchschnittlicher Ausbaustandard, plus/minus 120 Quadratmeter, mindestens vier Zimmer, Balkon oder lieber ein Garten.

Belehnung, 1. Hypothek und 2. Hypothek

Banken, Pensionskassen und Versicherungen belehnen ein Objekt bis 80% des Kaufpreises oder Marktwerts. Bis 65% als 1. Hypothek, die restlichen 15% als 2. Hypothek. Wenn Sie eine Wohnung für 1 Million Franken kaufen, erhalten Sie also CHF 650‘000 als 1. und bis zu CHF 150‘000 als 2. Hypothek. Die 2. Hypothek wird höher verzinst und muss zurückbezahlt werden, die 1. Hypothek nicht.

Tragbarkeit: Wieviel Wohneigentum können Sie sich leisten?

Die Wohnkosten dürfen 33% des Bruttoeinkommens nicht übersteigen. Dazu zählen Hypothekarzinsen, Nebenkosten und Amortisationen. Banken berechnen die Tragbarkeit vorsichtig: Mit 4,5% oder 5% Zins, obwohl die Zinsen aktuell viel tiefer sind, und bis zu 1% für Nebenkosten. So schützen sie Wohneigentümerinnen und Wohneigentümer vor steigenden Zinsen, die das Budget über den Haufen werfen könnten – und sich selber vor Kreditausfällen.

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