Welches Auto hat die Nase vorn?
1. Stichwort Umweltbilanz
Der Verkehr verursacht in der Schweiz ein Drittel des jährlichen Energieverbrauchs. 96 Prozent der CO2-Emissionen entstehen dabei laut Bundesamt für Strassen ASTRA durch fossile Treibstoffe, die von Nutzfahrzeugen und Personenwagen verbraucht werden. Elektroautos hingegen stossen kein CO2 aus. Sind sie also generell umweltfreundlicher?
Vorteile bei der Betriebsphase
An dieser Frage scheiden sich die Geister: Unbestritten ist, dass Elektroautos während der Betriebsphase das Klima weniger belasten. Dies gilt insbesondere, wenn sie mit Ökostrom betrieben werden. Ohnehin ist der Strommix in der Schweiz relativ umweltfreundlich. Laut Bundesamt für Energie stammen aktuell 62 Prozent des Stroms aus erneuerbarer Energie, zumeist Wasserkraft. Ausserdem ist der Wirkungsgrad bei Elektrofahrzeugen massiv höher als bei Autos, die mit Benzin oder Diesel fahren.
Nachteile bei Produktion und Entsorgung
Allerdings ist die Herstellung der Autobatterien energieaufwändig und oft auch umweltbelastend. Für Skeptiker ist dies ein gewichtiges Gegenargument. Ein Vergleich der Auto-Umweltliste berücksichtigt deshalb neben der Betriebsphase auch Umweltschäden, welche bei der Produktion der Elektrobatterien anfallen (www.autoumweltliste.ch). Das vom VCS betriebene Portal kommt zu dem Schluss, dass sich die Energiebilanz zwischen den Modellen deutlich unterscheiden kann. Gleichwohl nehmen die Elektroautos meistens die vorderen Ränge in ihrer jeweiligen Fahrzeugklasse ein. Unklar ist noch, wie umweltbelastend die Entsorgung der Autobatterien sein wird. In vielen Fällen kann einer funktionstüchtigen Batterie jedoch ein zweites Leben geschenkt werden, etwa als Aggregator zur Beleuchtung von Fussballplätzen. Entsprechend lässt sich die Umweltbilanz noch nicht abschliessend beurteilen.
Fazit: Da noch nicht ausreichend Informationen vorliegen, steht es im Wettkampf 0:0 – noch. Denn für Hersteller und Kunden ist die Umweltbilanz das dominierende Thema. Hier sind grosse Anstrengungen zu erwarten, um die Umweltbelastung bei Produktion und Entsorgung der Batterien zu reduzieren.
2. Stichwort Lärm
Elektroautos verursachen keine Abgase, das weiss jeder. Ebenfalls ist bekannt, dass Elektroautos im Stadtverkehr auch leiser sind als konventionelle Fahrzeuge. Weniger bekannt ist, dass Elektroautos im Stadtverkehr auch leiser sind als konventionelle Fahrzeuge. Sie werden sogar teils künstlich mit Geräuschen versehen, um andere Verkehrsteilnehmer zu warnen. In einer Welt der Elektromobilität könnten Menschen an vielbefahrenen Strassen besser schlafen, die Lebensqualität in den Städten würde dadurch steigen. Aber: Leise Fahrzeuge bergen auch ein Risikopotenzial, weil sich viele Menschen im Strassenverkehr auch auf ihre Ohren verlassen.
Fazit: Dieser Punkt geht an die Elektroautos: 0:1.
3. Stichwort Flexibilität
Schon mehr als 3‘500 Elektrotankstellen gibt es in der Schweiz. Allerdings sind nur wenige von ihnen «Schnellladestationen», welche die Fahrzeuge in 30 bis 60 Minuten aufladen. Bei den anderen dauert die Ladezeit in der Regel mehrere Stunden. Deshalb sind bislang die konventionell betriebenen Autos in puncto Flexibilität eindeutig stärker. Doch die Elektrofahrzeuge holen auf: Ende Januar 2019 gab es bereits 24 Schnellladestationen an Autobahnraststätten, viele weitere sind in Planung. Angedacht ist darüber hinaus, auch auf einigen der 100 Schweizer Rastplätze eine Schnellladestation einzurichten. Verschiedene Apps bieten eine Übersicht und erleichtern es, die nächste Ladestation in der Nähe zu finden.
Fazit: In puncto Flexibilität haben die konventionellen Fahrzeuge noch eindeutig die Nase vorn. Der Spielstand ist 1:1.
4. Stichwort Reichweite
Mit einer Tankfüllung von Zürich nach Köln, von Genf nach Paris, von Lugano nach Florenz – mit benzin- oder dieselbetriebenen Autos ist das normalerweise kein Problem, sie haben in der Regel auf Fernstrecken Reichweiten ab 500 Kilometer. Für Elektroautos hingegen wurde der Begriff der «Reichweitenangst» geprägt. Wie weit man mit einem Elektrofahrzeug kommt, hängt unter anderem von Fahrweise, Beladung und Aussentemperatur ab. Die bei Autotests erzielten Reichweiten sind dabei oft deutlich niedriger als die vom Hersteller angegebenen Werte unter Idealbedingungen. Wer hauptsächlich im Stadtverkehr unterwegs ist, dem können diese Fragen relativ egal sein. Doch auch diese Menschen müssen heute noch im Elektroauto ihr Fahrverhalten stärker vorausplanen als die Fahrer eines Autos mit konventionellem Antrieb. In naher Zukunft wird sich die Thematik vermutlich entspannen, durch ein dichteres Netz von schnellen Ladestationen sowie weiterentwickelte Batterien mit deutlich höherer Reichweite.
Fazit: 2:1 – noch geht dieser Punkt klar an Benziner und Dieselfahrzeuge.
5. Stichwort staatliche Förderung
Der Kanton Thurgau subventioniert seit 2019 den Kauf von Elektroautos mit 4‘000 Franken, sofern sie mit Ökostrom fahren. In St. Gallen gibt es 5‘000 Franken und in Basel können Taxifahrer sogar eine Subvention von 10‘000 Franken einstreichen. Darüber hinaus gibt es in 15 Schweizer Kantonen Vorteile für Elektroautos bei der Verkehrsabgabe, im Kanton Zürich etwa fällt diese sogar weg. Übrigens: Auch Zurich als Versicherer fördert die Elektromobilität mit deutlich günstigeren Prämien gegenüber vergleichbaren Fahrzeugen mit konventionellem Antrieb.
Fazit: Die Elektroautos holen auf, Gleichstand mit 2:2.
6. Stichwort Kosten
Der Anschaffungspreis für Elektrofahrzeuge ist aktuell noch spürbar höher als derjenige eines klassischen Benziners oder Diesels. Dafür sind die Tankkosten günstiger, was sich über die Lebensdauer des Fahrzeugs vor allem für Vielfahrer bezahlt machen dürfte. Wie langlebig Elektroautos sind und mit welchen Reparaturkosten über den Lebenszyklus zu rechnen ist, dafür gibt es noch nicht ausreichend Daten. Zu vermuten ist, dass für das Nischenprodukt bei Reparaturen, beim Abschleppen oder bei Bränden zumindest in den kommenden Jahren noch mit höheren Kosten zu rechnen sein wird.
Fazit: Dieser Punkt geht wieder an die konventionellen Autos: Spielstand 3:2.
7. Stichwort Innovation und Coolness
Welches Auto ist am coolsten? Diese Frage muss jede und jeder für sich selbst beantworten. Doch die Erfolgsstory Tesla beweist, dass Elektroautos als innovativ, trendig und umweltbewusst gelten – und ihre Fahrerinnen und Fahrer gleich mit. Das beste Tesla Model 3 hat beeindruckende 490 PS, verfügt über modernste Fahrassistenzsysteme und ist für künftiges autonomes Fahren vorkonfiguriert. Wer seine Nachbarn neidisch machen will, hat also aktuell mit einem Elektroauto die besseren Chancen. Deshalb geht der Punkt klar an die Elektrofahrzeuge.
Endergebnis: Gleichstand im Wettstreit der Argumente mit 3:3. Doch schon in zwei, drei Jahren werden voraussichtlich die Elektroautos den Sieg davontragen. Schliesslich lancieren alle grossen Hersteller neue Elektromodelle, viele weitere sind in Planung.